Die Frühaufklärung – Quellen und Zitate

Der Poet wehlet sich einen moralischen Lehr-Satz, den er seinen Zuschauern auf eine sinnliche Art einprägen will. Dazu ersinnt er sich eine allgemeine Fabel, daraus die Wahrheit seines Satzes erhellet. Hiernechst sucht er in der Historie solche berühmte Leute, denen etwas ähnliches begegnet ist: und von diesen entlehnet er die Nahmen, vor die Personen seiner Fabel, um derselben also ein Ansehen zu geben.

Gottsched, Johann Christoph: Versuch einer Critischen Dichtkunst vor die Deutschen […]. Leipzig 1730, S. 571.

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Die Regeln nehmlich, die auch in freyen Künsten eingeführet worden, kommen nicht auf den bloßen Eigensinn der Menschen an: sondern haben ihren Grund in der unveränderten Natur der Dinge selbst; in der Ubereinstimmung des Mannigfaltigen; in der Ordnung und Harmonie. Diese Gesetze nun, die durch langwierige Erfahrung und vieles Nachsinnen untersuchet, entdecket und bestätiget worden, bleiben unverbrüchlich und feste stehen; wenn gleich zuweilen jemand nach seinem Geschmacke, demjenigen Wercke den Vorzug zugestünde, welches dawieder mehr oder weniger verstossen hätte.

Gottsched, Johann Christoph: Versuch einer Critischen Dichtkunst vor die Deutschen […]. Leipzig 1730, S. 103f.

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Nichts fällt uns in Ausübung des Guten und Unterlassung des Bösen so hinderlich, als die Sinne und Einbildungskraft.

[Gottsched, Johann Christoph]: Erste Gründe Der Gesamten Weltweisheit, Darinn alle Philosophische Wissenschaften in ihrer natürlichen Verknüpfung abgehandelt werden […]. Andrer Practischer Theil. […] Leipzig, 1734, S. 61.

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Ein Mensch also, dem es mit der Tugend ein Ernst ist, muß die Herrschaft über seine Sinne und Affecten zu erlangen suchen, ohne welche er unmöglich seinen Vorsatz ausführen wird. Zu dem Ende muß er seinen Verstand zu der Vollkommenheit bringen, daß er durch allen betrüglichen Schein der Dinge bis in ihr innerstes Wesen eindringe, und ohne Absicht auf die sinnliche Lust und Unlust urtheilen könne, ob sie gut oder böse seyn.

[Gottsched, Johann Christoph]: Erste Gründe Der Gesamten Weltweisheit, Darinn alle Philosophische Wissenschaften in ihrer natürlichen Verknüpfung abgehandelt werden […]. Andrer Practischer Theil. […] Leipzig, 1734, S. 61f.

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Es wird also der verbesserte Wille allezeit einen verbesserten Verstand zum voraus setzen, der die wahren Güter von den Scheingütern, und die wahren Ubel von den Scheinübeln genau unterscheiden kan.

[Gottsched, Johann Christoph]: Erste Gründe Der Gesamten Weltweisheit, Darinn alle Philosophische Wissenschaften in ihrer natürlichen Verknüpfung abgehandelt werden […]. Andrer Practischer Theil. […] Leipzig, 1734, S. 299f.

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So sind auch die Handlungen an sich selbst, und ihrer innern Natur nach entweder gut oder böse; und werden also nicht erst durch das Gesetze darzu gemacht.

[Gottsched, Johann Christoph]: Erste Gründe Der Gesamten Weltweisheit, Darinn alle Philosophische Wissenschaften in ihrer natürlichen Verknüpfung abgehandelt werden […]. Andrer Practischer Theil. […] Leipzig, 1734, S. 17.

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Unsere Erkenntniß ist entweder mit den Dingen selbst einstimmig, oder nicht. Im ersten Falle wird es wahr, im andern aber falsch genennet. Die Wahrheit ist also nichts anders, als die Ubereinstimmung unsrer Erkenntniß mit den Dingen selbst; Die Falschheit aber ist der Mangel einer solchen Ubereinstimmung.

[Gottsched, Johann Christoph]: Erste Gründe Der Gesamten Weltweisheit, Darinn alle Philosophische Wissenschaften in ihrer natürlichen Verknüpfung abgehandelt werden, […]. Erster, Theoretischer Theil. Leipzig, 1733, S. 90.

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Der Satz des zureichenden Grundes ist dieser: Alles was ist, hat einen zureichenden Grund, warum es vielmehr ist, als nicht ist.

[Gottsched, Johann Christoph]: Erste Gründe Der Gesamten Weltweisheit, Darinn alle Philosophische Wissenschaften in ihrer natürlichen Verknüpfung abgehandelt werden, […]. Erster, Theoretischer Theil. Leipzig, 1733, S. 118.

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Der Satz des Wiederspruches ist dieser: Ein Ding kan nicht zugleich seyn und nicht seyn. […] Kurz: Ein Ding ist das, was es ist, und sonst nichts; A ist A, und kein B.

[Gottsched, Johann Christoph]: Erste Gründe Der Gesamten Weltweisheit, Darinn alle Philosophische Wissenschaften in ihrer natürlichen Verknüpfung abgehandelt werden, […]. Erster, Theoretischer Theil. Leipzig, 1733, S. 117.

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Weil die Welt eine Maschine ist; so hat sie in soweit mit einer Uhr eine Aehnlichkeit […].

[Gottsched, Johann Christoph]: Erste Gründe Der Gesamten Weltweisheit, Darinn alle Philosophische Wissenschaften in ihrer natürlichen Verknüpfung abgehandelt werden, […]. Erster, Theoretischer Theil. Leipzig, 1733, S. 173.

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Die meisten Gemüther sind viel zu sinnlich gewöhnt, als daß sie einen Beweis, der aus bloßen Vernunftschlüssen besteht, sollten etwas gelten lassen; wenn ihre Leidenschaften demselben zuwider sein. Allein Exempel machen einen stärkern Eindruck ins Herz.

Gottsched, Johann Christoph: IX. Akademische Rede, Die Schauspiele, und besonders die Tragödien sind aus einer wohlbestellten Republik nicht zu verbannen. In: Hrn. Joh. Christoph Gottscheds […] Gesammlete Reden in Dreyen Abtheilungen, nochmals von ihm selbst übersehen und verbessert. Leipzig 1749, S. 564-574, hier S. 568.

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Cato.

[…] wer Cäsarn billig nennet,

Der hat mich selber schon vor ungerecht erkennet.

Gottsched, Johann Christoph: Sterbender Cato, ein Trauerspiel […]. Dritte Auflage. Leipzig 1741, S. 24.

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Cäsar.

Denn wo die Welt für mich mehr Furcht als Liebe hat,

So bin ich misvergnügt. […]

Gottsched, Johann Christoph: Sterbender Cato, ein Trauerspiel […]. Dritte Auflage. Leipzig 1741, S. 38.

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Portius.

Da lief ein Segel ein von des Pompejus Sohne,

Das brachte Zeitung mit, daß er kein Sorgen schone,

Die Völker Spaniens um Beystand anzuflehn,

Daß er des Vaters Tod gerochen könne sehn.

Stünd hier ein Cato nur an dieses Heeres Spitzen;

Da würd es uns und Rom vielleicht was mehrers nützen!

Gottsched, Johann Christoph: Sterbender Cato, ein Trauerspiel […]. Dritte Auflage. Leipzig 1741, S. 85.

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Cato.

Lebt wohl und Rom getreu. Ihr Götter! hab ich hier

Vielleicht zu viel gethan: Ach! so vergebt es mir!

Ihr kennt ja unser Herz, und prüfet die Gedanken!

Der Beste kan ja leicht vom Tugend-Pfade wanken.

Gottsched, Johann Christoph: Sterbender Cato, ein Trauerspiel […]. Dritte Auflage. Leipzig 1741, S. 88.

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Frau Glaubeleichtin. Herr Bruder, sie sagen mir was, welches, wie wie ich sie versichere, nebst allem, was sie mir gesagt haben, mich auf gantz andere Gedancken bringt. Doch können sie in einem Tage eine so grosse Veränderung nicht begehren: Denn in einigen Stücken bin ich noch zweifelhafft.

Herr Wackermann. Das glaube ich wohl. Nehmen sie sich aber nur einmahl die Mühe, und dencken unpartheyisch der Sache nach. Zu dem Ende müssen sie alle ihre Vorurtheile bey Seite setzen: So bin ich gewiß versichert, daß sie den gantzen Krahm verabscheuen werden.

[Gottsched, Luise Adelgunde Victorie]: Die Pietisterey im Fischbein-Rocke; Oder Doctormäßige Frau. Rostock 1736, S. 158.

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