Grundzüge moderner Kunst – Quellen und Zitate

Il faut être absolument moderne. [Es gilt, unbedingt modern zu sein.]

Rimbaud, Arthur: Une saison en enfer. Bruxelles 1873, S. 52.

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Ja keine Nachahmung der Natur. Die Poësie ist durchaus das Gegentheil.

Hardenberg, Friedrich von: Brief an den Bruder Karl (Ende März 1800). In: Novalis: Werke, Tagebücher und Briefe Friedrich von Hardenbergs. Herausgegeben von Hans-Joachim Mähl und Richard Samuel. Band 1: Das dichterische Werk, Tagebücher und Briefe. Herausgegeben von Richard Samuel. München – Wien 1978, S. 737.

Nur die gewohnten Gegenstände wirken bei einem mittelmäßig empfindlichen Menschen ganz oberflächlich. Die aber, die uns zum erstenmal begegnen, üben sofort einen seelischen Eindruck auf uns aus.

Kandinsky [, Wassily]: Über das Geistige in der Kunst, insbesondere in der Malerei. Dritte Auflage. München 1912, S. 44.

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Es führt von der Poesie kein directer Weg ins Leben, aus dem Leben keiner in die Poesie. Das Wort als Träger eines Lebensinhaltes und das traumhafte Bruderwort, welches in einem Gedicht stehen kann, streben auseinander und schweben fremd aneinander vorüber, wie die beiden Eimer eines Brunnens.

Hofmannsthal, Hugo von: Poesie und Leben. In: Die Zeit. VII. Band. Wien, den 16. Mai 1896. Nummer 85, S. 104-106, hier S. 105.

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Man lasse uns Künstler in Worten sein, wie andere in den weißen und farbigen Steinen, in getriebenem Erz, in den gereinigten Tönen oder im Tanz.

Hofmannsthal, Hugo von: Poesie und Leben. In: Die Zeit. VII. Band. Wien, den 16. Mai 1896. Nummer 85, S. 104-106, hier S. 105.

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Dies ist der Brief, den Philipp Lord Chandos, jüngerer Sohn des Earl of Bath, an Francis Bacon, später Lord Verulam und Viscount St. Albans, schrieb, um sich bei diesem Freunde wegen des gänzlichen Verzichtes auf literarische Bethätigung zu entschuldigen.

Ein Brief. Von Hugo von Hofmannsthal. In: Der Tag. Erster Teil: Illustrierte Zeitung. Berlin 1902. Nummer 489: Sonnabend, 18. Oktober [unpaginiert].

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Mein Fall ist, in Kürze, dieser: es ist mir völlig die Fähigkeit abhanden gekommen, über irgend etwas zusammenhängend zu denken oder zu sprechen. | Zuerst wurde es mir allmählich unmöglich, ein höheres oder allgemeineres Thema zu besprechen und dabei jene Worte in den Mund zu nehmen, deren sich doch alle Menschen ohne Bedenken geläufig zu bedienen pflegen Ich empfand ein unerklärliches Unbehagen, die Worte ›Geist‹, ›Seele‹ oder ›Körper‹ nur auszusprechen. […] die abstrakten Worte, deren sich doch die Zunge naturgemäß bedienen muß, um irgend welches Urteil an den Tag zu geben, zerfielen mir im Munde wie modrige Pilze.

Ein Brief. Von Hugo von Hofmannsthal. In: Der Tag. Erster Teil: Illustrierte Zeitung. Berlin 1902. Nummer 489: Sonnabend, 18. Oktober [unpaginiert].

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Seither führe ich ein Dasein, das Sie, fürchte ich, kaum begreifen können, so geistlos, so gedankenlos fließt es dahin; ein Dasein, das sich freilich von dem meiner Nachbarn, meiner Verwandten und der meisten landbesitzenden Edelleute dieses Königreiches kaum unterscheidet und das nicht ganz ohne freudige und belebende Augenblicke ist.

Ein Brief. Von Hugo von Hofmannsthal. In: Der Tag. Erster Teil: Illustrierte Zeitung. Berlin 1902. Nummer 491: Sonntag, 19. Oktober [unpaginiert].

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Eine Gießkanne, eine auf dem Feld verlassene Egge, ein Hund in der Sonne, ein ärmlicher Kirchhof, ein Krüppel, ein kleines Bauernhaus, alles dies kann das Gefäß meiner Offenbarung werden. Jeder dieser Gegenstände und die tausend anderen ähnlichen, über die sonst ein Auge mit selbstverständlicher Gleichgültigkeit hinweggleitet, kann für mich plötzlich in irgend einem Moment, den herbeizuführen auf keine Weise in meiner Gewalt steht, ein erhabenes und rührendes Gepräge annehmen, das auszudrücken mir alle Worte zu arm scheinen. Ja, es kann auch die bestimmte Vorstellung eines abwesenden Gegenstandes sein, der die unbegreifliche Auserwählung zu teil wird, mit jener sanft oder jäh steigenden Flut göttlichen Gefühles bis an den Rand gefüllt zu werden.

Ein Brief. Von Hugo von Hofmannsthal. In: Der Tag. Erster Teil: Illustrierte Zeitung. Berlin 1902. Nummer 491: Sonntag, 19. Oktober [unpaginiert].

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Es ist mir dann, als bestünde mein Körper aus lauter Chiffern, die mir alles aufschließen. Oder als könnten wir in ein neues, ahnungsvolles Verhältnis zum ganzen Dasein treten, wenn wir anfingen, mit dem Herzen zu denken. Fällt aber diese sonderbare Bezauberung von mir ab, so weiß ich nichts darüber auszusagen […].

Ein Brief. Von Hugo von Hofmannsthal. In: Der Tag. Erster Teil: Illustrierte Zeitung. Berlin 1902. Nummer 491: Sonntag, 19. Oktober [unpaginiert].

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Ich fühlte in diesem Augenblick mit einer Bestimmtheit, die nicht ganz ohne ein schmerzliches Beigefühl war, daß ich auch im kommenden und im folgenden und in allen Jahren dieses meines Lebens kein englisches und kein lateinisches Buch schreiben werde: […] nämlich weil die Sprache, in welcher nicht nur zu schreiben, sondern auch zu denken mir vielleicht gegeben wäre, weder die lateinische noch die englische noch die italienische oder spanische ist, sondern eine Sprache, von deren Worten mir auch nicht eines bekannt ist, eine Sprache, in welcher die stummen Dinge zu mir sprechen, und in welcher ich vielleicht einst im Grabe vor einem unbekannten Richter mich verantworten werde.

Ein Brief. Von Hugo von Hofmannsthal. In: Der Tag. Erster Teil: Illustrierte Zeitung. Berlin 1902. Nummer 491: Sonntag, 19. Oktober [unpaginiert].

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